Die Vermeidung und Verminderung von Gewalt bleibt unser Ziel
AGDF verabschiedet Stellungnahme zum Krieg gegen die Ukraine
Fulda, 24. September 2022/dj
Die Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden (AGDF) hat den Angriff Russlands auf die Ukraine als „massive Verletzung des internationalen Völkerrechts“ verurteilt. Gleichzeitig zeigte sich der Friedensverband in einer Stellungnahme, die auf einer Mitgliederversammlung in Fulda verabschiedet wurde, aber auch überzeugt, dass Frieden nicht mit militärischer Gewalt geschaffen werden kann und dass alles getan werden müsse, damit der Krieg nicht weiter eskaliere.
Die AGDF unterstreicht in der Stellungnahme das Recht der Ukraine zur Landesverteidigung und beklagt das unermessliche Leid der unter dauernden Angriffen stehenden ukrainischen Bevölkerung. Nach Ansicht des Friedensverbandes ist trotz der militärischen Erfolge des ukrainischen Militärs ein Ende des Krieges nicht in Sicht, zumal Putin von seinem Ziel einer vollständigen Unterwerfung und Vernichtung der Ukraine nicht abrücke. Auch sei die Gefahr eines russischen nuklearen Angriffs nicht gebannt, ebenso wenig die Gefahr einer nuklearen Verseuchung der Region durch immense Beschädigungen an einem der ukrainischen Atomkraftwerke.
„Wir müssen feststellen, dass wir die Entwicklungen, die zum russischen Angriffskrieg führten, zu wenig thematisiert und zu spät kritisch reflektiert haben“, heißt es selbstkritisch in der Stellungnahme. Auch habe man die Stimmen aus dem östlichen Europa zu wenig wahrgenommen. Die AGDF betont, dass sie trotz dieses Krieges am christlichen Wert der Gewaltfreiheit festhalte und sich aus der Botschaft, dass Gottes Reich des Friedens und der Gerechtigkeit mit Jesus Christus bereits angebrochen sei, auch Maßstäbe für individuelles und politisches Verhalten ergeben würden.
Der Friedensverband räumt ein, dass es auch innerhalb der AGDF Stimmen gibt, die den Einsatz militärischer Mittel als ultima ratio nicht ausschließen. „In unserem Verband diskutieren wir Tragfähigkeit, Wirksamkeit und Grenzen der Gewaltfreiheit. Es besteht Einvernehmen, dass wir das Recht der ukrainischen Bevölkerung auf militärische Verteidigung nicht in Frage stellen. Unter uns besteht zugleich ein Dissens, wie wir diese Entscheidung bewerten. Wir können jetzt nicht abschließend einschätzen, welcher Weg zu weniger Leid und Gewalt führt. Wir erkennen ein ethisches Dilemma, das sich auch in diversen Positionen innerhalb der AGDF widerspiegelt, dem wir uns zu stellen haben. Wir wollen uns (weiterhin) dem Diskurs innerhalb unserer Aktionsgemeinschaft wie auch in den bestehenden Kooperationen in und außerhalb der Kirche stellen. Wir beteiligen uns an Debatten um die christliche Friedensethik und ihre Weiterentwicklung, wir bringen friedenspraktische und friedenspolitische Erfahrungen ein. Wir nutzen ökumenische und internationale Beziehungen, um andere Perspektiven kennenzulernen und einzubeziehen“, unterstreicht der Verband in seiner Stellungnahme.
Dabei gibt sich der Friedensverband überzeugt von der Notwendigkeit einer „friedenslogischen Politik“, die die Krisenprävention und die Mittel der Konflikttransformation fördert, die Einhaltung von Menschenrechten und Demokratie zum Maßstab ihres Handelns macht und Institutionen wie die UN, die OSZE oder den Internationalen Gerichtshof für Menschenrechte stärkt. Und die AGDF will festhalten am Profil der internationalen Freiwilligendienste, die von dem Friedensverband wie auch den Mitgliedsorganisationen ausdrücklich als Friedensdienst und als Praxis zivilgesellschaftlichen Handelns geleistet werde. Konkret kündigt die AGDF an, sich für Geflüchtete, Deserteure und Kriegsdienstverweigerer im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg einzusetzen und sich an der Hilfe für Menschen in Not zu beteiligen. Dazu gehöre auch der Kontakt zu Partnerorganisationen in den am Krieg beteiligten Staaten. Der Friedensverband will zudem auf die Rufe von Partnern aus Osteuropa nach Schutz vor dem russischen Imperialismus wie auch von Partnern aus dem globalen Süden mit deren Sorge hören, angesichts des Ukrainekrieges mit ihren Problemen und Anliegen nicht mehr wahrgenommen würden. Auch will der Verband Mahnwachen halten, Friedensgebete gestalten und sich in öffentliche Debatten einbringen. Gleichzeitig beobachtet die AGDF mit Sorge, dass immense Finanzmittel durch Waffenlieferungen und zivile Unterstützungsmaßnahmen für die Ukraine gebunden werden und für eine Aufrüstung vorgesehen sind. „Sie fehlen im Kampf gegen den sich verschärfenden Klimawandel und Ungerechtigkeit sowie für Krisenprävention und zivile Konfliktbearbeitung“, mahnt der Friedensverband in seiner Stellungnahme.
In ihrer Stellungnahme äußert die AGDF aber auch konkrete Erwartungen an die deutsche Politik mit dem Ziel eines Aufbaus von Vertrauen, der Vermeidung von Feindschaft und Vorurteilen sowie einer neuen Friedensordnung in Europa. So sollten Sanktionen immer wieder auch auf ihre gewünschten wie unerwünschten Wirkungen überprüft werden, ebenso sollten alle Geflüchteten wie auch Staaten unterstützt werden, die aufgrund des Krieges und der Sanktionen unverschuldet in Not geraten sind. Nach Ansicht der AGDF sollte in der geplanten Nationalen Sicherheitsstrategie der Krisenprävention, der Diplomatie und der zivilen Konfliktbearbeitung Vorrang eingeräumt werden. Auch solle dabei in breitem Rahmen diskutiert werden, ob und für welche Aufgaben die Bundeswehr benötigt wird und welche Ausrüstung dafür erforderlich ist. Für den Friedensverband ist es angesichts der nuklearen Drohungen seitens Russlands zudem nötig, sich für einen Ausstieg aus der atomaren Abschreckung einzusetzen und den Atomwaffenverbotsvertrag zu unterzeichnen.
„Wir werden uns weiterhin für eine Deeskalation, für ein Ende des Krieges und für Schritte hin zu einem nachhaltigen, gerechten Frieden und für Versöhnung einsetzen“, heißt es in der AGDF-Stellungnahme. Um die richtigen Wege aus der Eskalation würde der Verband streiten, auch darum, wie die aggressive, interventionistische Politik Russlands und auch anderer autokratisch regierter Regime gestoppt werde könne. Dabei wisse man, dass es keine einfachen Lösungen gäbe. Dennoch: „Wir setzen weiterhin und nachdrücklich auf gewaltfreie Wege, auf Diplomatie, auf Verhandlungen und auf zivilgesellschaftliches Handeln. Die Vermeidung und Verminderung von Gewalt – insbesondere auch kriegerischer Gewalt – bleibt unser Ziel.“
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