Pressemitteilung

Offener Brief an die Landesregierung von Sachsen-Anhalt zum Erlass eines Landesaufnahmeprogramms

Sehr geehrte Mitmenschen,Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Dr. Haseloff, Sehr geehrter Herr Minister Stahlknecht, Sehr geehrte Mitglieder der Landesregierung,

vor wenigen Tagen setzte die Bundesregierung endlich ihr Versprechen um und holte die ersten Menschen aus den Elendslagern auf den ägäischen Inseln nach Deutschland. In Zeiten einer weltweiten Pandemie können die 47 evakuierten Kinder jedoch bei weitem nur der Anfang sein.

Noch immer sind über 40.000 Menschen in den Camps auf den griechischen Inseln Lesbos, Samos, Chios und Kos festgesetzt, über 20.000 allein im Camp Moria. Das Camp Moria ist bei einer eigentlichen Kapazität von 3.000 Menschen maßlos überlastet und eine Grundversorgung - geschweige denn die Möglichkeit, sich vor einer Infektion mit COVID-19 zu schützen - schlichtweg nicht gegeben. Nicht nur leben Menschen dort in provisorischen Zelten auf viel zu engem Raum, auch grundlegende Hygienemaßnahmen sind rein strukturell nicht umsetzbar. Laut eines Berichts der Organisation Ärzte ohne Grenzen gibt es weder Seife noch ausreichend Zugang zu fließend Wasser. Auf 1.300 Bewohner*innen kommt in weiten Teilen des Camps gerade mal ein einziger Wasserhahn.

Die Camps würden damit einem potentiellen Ausbruch des Coronavirus keinesfalls standhalten. Die Folge? Ein Massensterben zu Tausenden.

Das darf auf keinen Fall hingenommen werden. Gerade in Zeiten einer Pandemie muss der Zugang zu ärztlicher Versorgung und Schutz vor Ansteckung für alle Menschen gewährleistet werden.

Erst am 22. April berichtet der Verein Pro Asyl, dass sie zusammen mit der Non-Profit-Organisation Refugee Support Aegan für insgesamt acht Menschen eine menschenwürdige Unterbringung vor dem Europäische Gerichtshof für Menschenrechte einklagen mussten. Griechenland ist nun verplichtet, die sofortige Überstellung der acht Personen aus Moria in eine angemessene Unterkunft sicherzustellen. Die Bedingungen in Moria setzen jedoch weiterhin alle geflüchteten Menschen einer enormen Gefahr aus und keiner darf in absoluter Not zurückgelassen werden.

Mit dem Aufruf #LeaveNoOneBehind fordern wir als Seebrücke - zusammen mit einem breiten, europaweiten Bündnis - seit mehreren Wochen die sofortige Evakuierung der Lager. Es ist unsere humanitäre Pflicht, die Leute aus dieser katastrophalen Situation zu holen und unter würdigen Bedingungen hier in Deutschland aufzunehmen.

Trotz einer sogenannten Koalition der Willigen stießen die bundesweiten Proteste seitens der Politik auf hohle Ausreden, Prozesse werden unnötig in die Länge gezogen, oder die Möglichkeit einer Aufnahme schlichtweg verweigert. Dabei haben sich in den vergangenen zwei Jahren über 140 Städte und Kommunen auf demokratischem Weg dem Städtebündnis “Sicherer Hafen” angeschlossen und damit Ihre Bereitschaft erklärt, mehr geflüchtete Menschen aufzunehmen. Darunter sind neben den großen Metropolen der Bundesrepublik auch unsere größten Städte in Sachsen-Anhalt - Magdeburg und Halle (Saale).

In mehreren Bundesländern - unter anderem Berlin und Thüringen - gibt es derzeit die Bestrebung, Landesaufnahmeprogramme zu erlassen, um eine sofortige Evakuierung von den griechischen Inseln zu ermöglichen. Wir begrüßen, dass diese langjährige öffentliche Diskussion am 28.04.2020 nun auch im Koalitionsausschuss des Landes Sachsen-Anhalt aufgenommen wird und möchten mit einem Offenen Brief die Forderungen der Zivilgesellschaft unterstreichen.

Wir formulieren folgende Forderungen:

  1. Beschließen Sie die Evakuierung von 1.100 Menschen aus den griechischen Camps.
  2. Erlassen Sie dafür als Landesregierung ein Landesaufnahmeprogramm und reichen Sie es bei dem Bundesinnenministerium ein.
  3. Treten Sie mit weiteren Landesregierungen, die selbige Bestrebungen haben, in Kontakt, um eine gemeinsame Koordinierung der Evakuierung zu ermöglichen.
  4. Bringen Sie die in Sachsen-Anhalt aufgenommenen Menschen unter würdigen Umständen unter.
  5. Setzen Sie damit ein Zeichen für Humanität und gegen rechte Hetze.

Egal, ob Sozial- oder Kirchenverband, Gewerkschaft, Garten-, Tanz-, Kultur-, oder Sportverein, Künstler*in, oder Unternehmen - bitte unterzeichnet mit euren Organisationen diesen Offenen Brief und fordert die Landesregierung auf, ihren Teil zur Umsetzung der humanitären Pflicht zu erfüllen.

Wir würden uns freuen, wenn wir den Politiker*innen am 28.04.2020 eine lange Unterstützer*innenliste präsentieren können!

#LeaveNoOneBehind

 

Unterstützer*innen-Liste:

Seebrücke Magdeburg

Seebrücke Halle(Saale)

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