Diskussionsimpulse und Schlussfolgerungen des Friedenskreis Halle e.V. zum Anschlag vom 09. Oktober 2019 in Halle und zu den weiteren Entwicklungen der letzten Monate

Der Anschlag auf die Synagoge der jüdischen Gemeinde in Halle an Jom Kippur und der Mord an zwei Menschen hat uns alle im Friedenskreis fassungslos, wütend und sehr betroffen gemacht. Nachdem wir einen Moment inne hielten, um uns gegenseitig zu unterstützen, wurde in unserem Team immer klarer, dass wir weder das Erlebte und dessen öffentliche Interpretation einfach hinnehmen wollen, noch, dass wir jetzt nur an uns denken können. Der Anschlag zeigte deutlich, dass Handlungsbedarf besteht und dass es Menschen gibt, denen unsere uneingeschränkte Solidarität nun mehr denn je zusteht.
Uns ist es wichtig, klar zu benennen, dass die Beweggründe des Täters antisemitisch, rassistisch und antifeministisch waren, wobei deren struktureller, gesellschaftlicher Nährboden deutlich hervorgehoben werden muss. Genau in diesen Zusammenhang stellen wir auch das verfehlte Krisenmanagement der Behörden in der konkreten Situation. Darüber hinaus ist uns wichtig, dass die Geschehnisse nachhaltig aufgearbeitet werden und dass wir selbst mit der Aufarbeitung konsequent und gleichzeitig sensibel umgehen. Genauso wichtig ist es uns, solidarisch mit den Opfern und den potentiellen Opfern des Anschlages zu sein. Wir sehen uns hier in Halle in der Verantwortung, für die Communities der Menschen mit Migrationsgeschichte und die Communities der Menschen, die von Rassismus betroffen sind, ansprechbar zu sein. Denn unsere vielfältige, transkulturelle Bildungsarbeit, unser politisches Engagement und unsere Rolle als ausrichtende Organisation internationaler Freiwilligendienste erfordern es, dass wir die sonst fehlenden Möglichkeiten des Austausches und der Information bieten. Obwohl wir alle zutiefst schockiert waren, zeigte sich schnell die Motivation, noch vehementer für unsere Werte und Ziele einer freien, offenen und emanzipatorischen Gesellschaft einzutreten, in der Menschen gleichberechtigt miteinander leben wollen und können. Denn für uns sind die Misslagen, die wir für mitverantwortlich dafür halten, dass ein solcher Anschlag passieren konnte, weder neu noch überraschend. Sie sind seit Jahren Gegenstand unserer Projekte und unserer Bestrebungen, Menschen gewaltfrei zusammen zu bringen.
So divers wie unser Team ist, so vielfältig waren auch die Formen des Umganges mit den Geschehnissen in der Zeit, die dem Anschlag folgte. Wir unterstützten Demonstrationen in Halle, boten Workshops an und solidarisierten uns innerhalb unseres Teams. Auf unserem Vereinswochenende im Herbst 2019 legten wir darüber hinaus in einer Diskussionsrunde die Grundlagen für dieses Papier mit dem Team und unseren Mitgliedern. Wir wollten keine weiteren kurzfristigen Forderungen stellen oder vorschnelle Analysen ziehen. In den letzten Monaten gestalteten wir stattdessen einen beteiligungsorientierten Prozess, in dem wir Diskussionsimpulse und Schlussfolgerungen ausarbeiteten. Diese stellen wir nun zur Verfügung und verstehen dieses Papier gleichzeitig als öffentliches Diskussionsangebot und als Orientierung für unsere zukünftige Arbeit und unser politisches Engagement als Friedenskreis Halle e.V. Wir freuen uns genauso über kritische wie über bestärkende Rückmeldungen. Besonders freuen wir uns dabei über Ergänzungen und über Menschen, die bei der Umsetzung mitwirken wollen.


1. Nachhaltige Aufarbeitung mit hoher Transparenz und konkreten Konsequenzen statt schnelle Aktionspläne und einseitige Forderungen

Seit dem Anschlag auf die Synagoge in Halle ist noch kein halbes Jahr vergangen und erst vor einem Monat mussten wir in Hanau einen weiteren, zutiefst rechtsradikalen, rassistischen Anschlag auf Menschen in Deutschland beklagen. Seit dem 9. Oktober 2019 ist wenig Nachhaltiges passiert. Offenbar entwickeln sich hier verschiedene fragwürdige Routinen, wie auf solche Taten reagiert wird und wie solche Taten eingeordnet bzw. erklärt werden. Zwar wurden zahlreiche Aktionspläne und Forderungspunkte im staatlichen, im politischen und im medialen Raum veröffentlicht, sie folgen jedoch meist einseitig einer staatlichen Sicherheits- und Abschreckungslogik und zielen zu einem großen Teil darauf ab, entsprechende Instrumente der Überwachung auszubauen. Hingegen waren und sind gründliche, selbstkritische Analysen und Reflexionen des bisherigen staatlichen, politischen und medialen Handelns selten vernehmbar.
Den meisten Aktionsplänen und Forderungen liegt das Bild eines im Internet radikalisierten Einzeltäters zu Grunde. Dieses eingeengte Narrativ vom Einzeltäter zeigt sich in den meisten Reaktionen auf die Anschläge von Halle und Hanau. Dabei bleiben längerfristige gesellschaftliche Tendenzen und Stimmungen als Folge politischen Handels unberücksichtigt. Das Bild des Einzeltäters begründet sich auf dem unzutreffenden, gesellschaftspolitischen Modell der „demokratischen Mitte“ und den „extremistischen Rändern“. Dieses sogenannte „Hufeisenmodell“ folgt weder einer wissenschaftlich haltbaren Analyse gesellschaftlicher Zustände, noch bietet es Handlungsmöglichkeiten, um nachhaltig und angemessen auf die Ereignisse am 09.10.2019 in Halle oder am 09.02.2020 in Hanau zu reagieren.
Als Friedenskreis Halle e.V. setzen wir uns an dieser Stelle dafür ein, grundlegend die Perspektive zu wechseln und fordern dementsprechende, konkrete politische Veränderungen. Unsere Gesellschaft zeichnet sich durch vielfältige Lebensentwürfe, vielfältige politische Überzeugungen und Werteorientierungen sowie unterschiedliche Interessen aus. Diese stehen zueinander in einem Wettbewerb, sie treten miteinander in den Diskurs und zeitweise führen sie zu offenen Konflikten. Für uns zeichnet genau das eine demokratische, offene und vielfältige Gesellschaft aus. Nicht erst seit dem Anschlag in Halle müssen wir aber feststellen: Rassismus, Menschenfeindlichkeit, Antisemitismus, Diskriminierung und Autoritätsdenken gewinnen an Deutungshoheit und werden zunehmend als offen artikulierte, politische Agenda gesetzt.
Unser Ziel aber ist eine Gesellschaft, die offen für Vielfalt ist und in der sich Menschen nicht feindlich, sondern mit Empathie gegenüber stehen. Wir wollen eine Gesellschaft, die kompetent mit Konflikten umgehen kann und in der Demokratie partizipativ gelebt wird. Als Friedenskreis Halle e.V. wollen wir uns für einen solchen Perspektivwechsel und die notwendigen politischen Veränderungen stark machen. Das heißt für uns vor allem: weg von staatlichem Sicherheitsdenken, hin zur zivilgesellschaftlichen Bürger*innen-Demokratie und hin zur gesellschaftlichen Konflikttransformation.
Wir als Friedenskreis Halle e.V. setzen uns dafür ein, dass die Anschläge von Halle und Hanau u.a. auch im Präventionsrat der Stadt Halle aufgearbeitet werden und dafür, dass aus der Aufarbeitung konkrete und konsequente Schlussfolgerungen folgen. Kriseninformationen müssen beispielsweise zukünftig mehrsprachig erfolgen. Schulen dürfen mit der Bewältigung solcher Situationen nicht alleine gelassen werden. Hier wird eine ernsthafte Chance vertan, künftigen Generationen einen sensiblen Umgang mit Antisemitismus und Rassismus zu vermitteln und das Erlebte nicht als schlichten Einzelfall abzutun. Auch wir werden unser internes Krisenmanagement für Mitarbeitende und unsere internationalen Freiwilligen überprüfen und weiterentwickeln.


2. Die Perspektive der Betroffenen und Opfer hören und Ernst nehmen statt oberflächliche Worte und Symbole tradieren

Wir erlebten viel ehrliche Anteilnahme und Solidarität gegenüber den Opfern und gegenüber potentiellen Opfergruppen. Doch in den konkreten Hilfen war dann Vieles nicht möglich oder bürokratisch sehr aufwändig. Rückblickend und aktuell gibt uns besonders zu denken, dass der  öffentliche Diskurs fast nur die direkt vom Anschlag Betroffenen in den Blick genommen hat. Kaum wahrgenommen und beachtet wurden die Verunsicherungen, Sorgen, spezifischen Bedarfe und Perspektiven der mit den Anschlägen verbundenen, potentiellen Opfergruppen.
Nur Dank einer Verkettung glücklicher Umstände und vor allem Dank der vorausschauenden Eigensicherung der jüdischen Gemeinde blieben wir am 09.10. davor bewahrt, ein weitaus schlimmeres Gräuel bezeugen zu müssen. An diesen Umständen zeigt sich, dass das staatliche Krisenmanagement seine Grenzen erreicht hat. Und es zeigt sich einmal mehr, dass Perspektiven von Menschen, die von rechtem Terror bedroht sind, nach wie vor nicht Ernst genommen werden.
Auf die Frage, wie auf solche Bedrohungen reagiert werden soll, antworteten die Verantwortlichen im Land Sachsen-Anhalt und in der Bundespolitik oft mit unspezifischen Lippenbekenntnissen. Sie zeigten an viele Stellen kein echtes Problembewusstsein, betrieben keine kritische Fehleranalyse und zogen keine ernsthaften Schlussfolgerungen. Spätestens nach Hanau wird die Ohnmacht und das Schweigen der Behörden immer deutlicher und es wird immer klarer, dass es hier an ernsthaftem Willen fehlt, sich den zu Grunde liegenden Ursachen widmen zu wollen.
Die Mordserie des NSU hat gezeigt, dass staatliche Behörden nicht nur über Jahre den strukturellen Rechtsterrorismus ignorierten, sondern dass sie selbst tief in ihn verstrickt sind. Erst die Ermordung des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke durch rechte Täter führte im vergangenen Jahr zu einem tatsächlichen Umdenken. Allmählich erkennen auch staatliche Behörden, dass die rassistisch motivierten Morde des Nazi-Trios mit ihren unterstützenden Netzwerke kein Einzelphänomen sind.
Wir sind nicht bereit abzuwarten, dass es dem nächsten Täter gelingt, in eine gefüllte Synagoge oder Moschee einzudringen, bis staatliches Denken auch hier die strukturellen Probleme für Antisemitismus und Rassismus anerkennt. Schon im Fall des NSU hätten Menschenleben gerettet werden können. Dazu wäre es u.a. notwendig gewesen, die Opfer von rechtsterroristischen Taten und ihre Angehörigen einzubeziehen. Denn das Geschehene aus ihrer Perspektive zu betrachten, hätte dazu beitragen können, die rassistischen Morde als Rechtsterrorismus zu erkennen.
Der Anschlag von Halle verdeutlicht erneut, dass der jüdische Glaube und ihm zugehörige Menschen vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte besonders geschützt werden müssen. Wer das Ernst meint, muss frühzeitig, langfristig und nachhaltig daran arbeiten, strukturellen Antisemitismus auf allen gesellschaftlichen Ebenen zu bekämpfen. Das Gleiche gilt auch für alle anderen Formen der Diskriminierung. Kurzfristig symbolische Politikangebote zu machen, hat für uns nichts damit zu tun, die Opfer solcher Gewalt Ernst zu nehmen.
Wir als Friedenskreis Halle e.V. werden weiterhin die Perspektive der Opfer besonders stärken und im Blick haben. Wir werden uns dafür einsetzten, dass beim zukünftigen Gedenken an die Anschläge in Halle diese Perspektiven mit vertreten sind. Wir werden uns außerdem dafür einsetzen, dass die Instrumente der Opferentschädigung ausgebaut und verbessert werden.


3. Zivilgesellschaftliches Engagement für Demokratie und für eine vielfältig-offene Gesellschaft stärken statt Diffamieren und Einengen

Schon länger doch verstärkt seit einigen Monaten erleben wir, dass zivilgesellschaftlichen Initiativen und Vereinen Diffamierungen und Hindernisse entgegengebracht werden.  Den einen wird vorgeworfen, ihr politisches Engagement sei antifaschistisch und damit extremistisch. Dieser Vorwurf gründet sich auf dem hartnäckigen Vorbehalt, dass antifaschistisches Engagement als linksextremistisch zu bewerten und folglich als verfassungsfeindlich einzustufen sei. Den anderen wird vorgeworfen, ihr politisches Engagement sei zu groß und damit nicht gemeinnützig. Es schwächt die Zivilgesellschaft, wenn antifaschistisches Engagement politisch negativ bewertet oder politisches Engagement als nicht gemeinnützig abgewertet wird. Denn beide Vorbehalte erschweren und verhindern den politischen Willen der Zivilgesellschaft, ernsthaft an den zu Grunde liegenden Mechanismen von Rassismus und Rechtsextremismus anzusetzen.
Das Bundesprogramm Demokratie leben! konnte erst nach massivem Protest vor Kürzungen bewahrt werden. Die politisch Verantwortlichen fordern weder, Förderinstrumente der Zivilgesellschaft finanziell zu erweitern, noch planen sie konkret mehr Mittel in die jeweiligen Haushalte ein. Das beobachten wir nicht nur für das Bundesprogramm Demokratie leben! auf Bundesebene, sondern auch für das Landesprogramm für Demokratie, Vielfalt und Weltoffenheit in Sachsen-Anhalt. Demokratie leben! fördert nun deutlich weniger Modellprojekte. Dadurch ist das zivilgesellschaftliche Engagement fachkompetenter Organisationen und betroffener Initiativen ausgedünnt und geschwächt. Das bedeutet auch, dass zivilgesellschaftliches Engagement seit Beginn diesen Jahres weniger Möglichkeiten hat, gesellschaftlich und politisch zu wirken.
Die Zivilgesellschaft verfügt über ein großes Potential und zeigt eine ebenso große Bereitschaft, mit kompetenten und kreativen Ansätzen unsere Demokratie zu stärken. Das zeigten eindrucksvoll die mehr als 1.000 Projektideen, die bei Demokratie leben! eingereicht wurden. Die bittere Realität ist, dass davon jetzt 900 Ansätze und Konzepte für neue Modellprojekte ungenutzt bleiben. Wir sind davon überzeugt, dass weniger Förderungen unsere Demokratie schwächen. Denn für die Auseinandersetzung mit aktuellen Herausforderungen braucht es unterschiedliche zivilgesellschaftliche Akteur*innen auf allen Ebenen der Kommunen, der Länder und des Bundes.
Im Verbund mit anderen werden wir uns für den Ausbau der Förderungen stark machen. Denn entsprechend große Finanzbudgets sind notwendig, um bewährte Konzepte fortzuführen und die erfolgreiche Arbeit bestehender Träger zu sichern. Dafür würde schon eine Verdoppelung der bestehenden Mittel ausreichen. Es ist dringend notwendig, dass die Trägerlandschaft ausgebaut wird und dass neue Projekte fachlich-konzeptionell entwickelt werden. Fälschlicherweise zeigt sich der politische Wille zu finanziellen Investitionen bislang nur in den Bereichen Wachstumswirtschaft sowie Rüstung und Bundeswehr. Stattdessen muss langfristig in Strukturen investiert werden, die Demokratie stärken. Dafür sind neue gesetzliche Grundlagen erforderlich. Denn Arbeit für Demokratie braucht eine stabile, langfristige und unbürokratische Förderung, die über immer wieder befristete Projektförderungen hinaus geht.
Wir werden Diffamierungen und Herabwürdigungen zivilgesellschaftlichen Engagements für Demokratie deutlich widersprechen. Vorbehalten, die unsere Arbeit für Demokratie oder unsere Gemeinnützigkeit in Frage stellen, werden wir unser eigenes Handeln transparent und beispielhaft entgegenstellen. Wie bei vielen anderen Organisationen sind auch für den Freidenkreis Halle e.V. politische Positionierungen und konkrete politische Arbeit untrennbar mit den anderen Bereichen des eigenen Engagements verbunden. Ohne politische Aspekte bleiben Friedensbildung und Friedensdienste auf individuell-persönliche Wirkungen begrenzt und strukturelle Veränderungen bleiben ausgeklammert. Das mag manchen genügen und staatspolitisch gewünscht sein. Wir aber wollen strukturelle Veränderungen, die über individuell-persönliche Aspekte hinaus gehen. Deswegen werden wir uns im Verbund mit anderen für ein modernes Gemeinnützigkeitsrecht stark machen. Wir werden uns dafür einsetzen, dass politisches Engagement als gemeinnütziges Engagement anerkannt wird. Wir treten dafür ein, dass politische Willensbildung als eigenständiges, gesellschaftlich wichtiges Engagement den anderen gemeinnützigen Zwecken gleichgestellt wird.


4. Neue Handlungsstrategien entwickeln statt weiterhin wegschauen und verharren

Wir erleben, dass obwohl bestehende politisch-gesellschaftliche Handlungsmuster zur Auseinandersetzung mit aktuellen Fragen und Herausforderungen nicht (mehr) funktionieren, oft weiterhin starr daran festgehalten wird. Es ist nicht vertretbar, dass bei Menschenfeindlichkeit, Populismus, Demokratiefeindlichkeit und Gewaltbereitschaft weggeschaut wird. Auf lange Sicht bringt es unsere Gesellschaft auch nicht weiter, Menschen und Gruppierungen mit diesen Einstellungen lediglich auszugrenzen, zu ignorieren oder zu isolieren. Neue Strategien der klaren, politischen Abgrenzung sind genauso nötig wie klare inhaltliche Positionierungen gegen Rassismus, Diskriminierung, Antisemitismus und Menschenfeindlichkeit. Diese Strategien und Positionierungen sollten nicht pauschalisierend auf einzelne Menschen abzielen, sondern müssen im Sinne einer demokratischen Diskurs-, Streit- und Konfliktkultur wirken.
Der Anschlag in Halle zeigte uns allen erneut und eindrücklich, wie außerordentlich bedeutend digitale Medien und Netzwerke sind, um alltäglich Hass und Falschinformationen zu verbreiten. Das Live-Video der Tat führt erschreckend menschenverachtende Hintergründe auf und zeigt die skrupellose Ermordung zweier Menschen. Die Form seiner Veröffentlichung wirft grundlegende Fragen dazu auf, wie wir damit umgehen, dass terroristische Hassverbrechen öffentlich zugänglich und live übertragen werden. Die klassischen Medien, die staatliche Strafverfolgung und auch wir als Einzelpersonen sind gezwungen, diese Veränderungen der öffentlichen Kommunikation wahrzunehmen und angemessen mit ihnen umgehen.
Als Friedenskreis Halle e.V. werden wir gezielt daran mitwirken, eine aktive Konfliktkultur zu entwickeln und zu etablieren. Wir werden politisch und in unserer Bildungsarbeit klar Position beziehen und diese als Streitangebot zur Diskussion stellen. Wir wollen für andere Positionen, für Gefühle und Ängste von Menschen offen sein. Wenn aber die Menschenwürde missachtet wird, legen wir Widerspruch ein. Menschenverachtenden Postionen, Rassismus, Antisemitismus und Diskriminierung geben wir bei unseren Veranstaltungen kein Podium. Dabei setzen wir uns mit diesen Positionen durchaus auch inhaltlich auseinander und stellen uns dem Gespräch, sofern bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Es muss ausgeschlossen sein, dass unsere Gesprächsbereitschaft instrumentalisiert wird. Unser Gegenüber muss bereit dazu sein, gewaltfrei zu streiten und anerkennen, dass unterschiedliche Positionen zur Meinungspluralität einer Demokratie gehören. Auf Wunsch muss Vertraulichkeit zugesagt und gewahrt werden.
Wir werden uns als Organisation und als handelnde Personen auch mit den eigenen Prägungen und Verstrickungen in Rassismus, Diskriminierung, Gewalt und Abschreckungslogik auseinandersetzen. Dabei suchen und gehen wir für uns geeignete Wege, mit diesen Prägungen und Verstrickungen umzugehen und sie zu überwinden. Soziale Medien werden wir zukünftig noch intensiver nutzen, um konstruktive Beiträge in gesellschaftlichen Diskursen zu verbreiten. Außerdem werden wir gesellschaftliche Diskurse mit positiven Beispielen aus unserer Projekt- und Bildungsarbeit bereichern sowie Anregungen zu individuellem, zivilcouragiertem Handeln und Positionierungen geben. Dafür werden wir neue Modellprojekte als Lernmöglichkeiten und Experimentierfelder entwickeln sowie neue Bildungsangebote erarbeiten.


Stand 30.03.2020

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