Distanz - Ein Bericht von Simon Kreft

Distanz ist erst mal ein allumfassendes Wort und jeder hat so seine eigene Interpretation davon: die einen sehen es nur als physischen Abstand, manch andere sehen es auch als einen Begriff der Zwischen-Menschlichkeit (in wie weit lasse ich jemanden in mein Leben eintreten, Bzw. innerer Abstand). Besonders bei Beziehungen und Freundschaften spielt die Distanz eine wichtige Rolle. Genau darin soll es in meinem Text gehen. Ich bin in eine mir fremde Kultur eingetreten und habe gemerkt das manche Menschen ganz andere zwischenmenschliche Vorstellungen haben als ich.

Distanz ist nichts Schlechtes. Jeder Mensch muss individuell seine Grenze zu anderen Menschen festlegen, wie nah darf er mir körperlich kommen, was ist für mich in Ordnung und was nicht. Diese Grenzen sind sehr wichtig und jeder sollte seine und am besten die seiner Mitmenschen kennen, damit keine Situationen entstehen, in welcher sich ein Mensch unwohl fühlt. Als Beispiel: man sollte einen Menschen als erstes fragen bevor man ihm umarmt, da ihm soviel Kontakt unangenehm sein könnte. Das heißt nicht das man vor jeder Umarmung nach der Erlaubnis fragt (bei der ersten Umarmung ist es allerdings gut), sondern man lernt einen Menschen einzuschätzen und zu lesen, wo seine Grenzen zu dir liegen.

Nun erstmal zu mir, ich bin Simon und habe ein Freiwilliges Soziales Jahr in Bosnien halb absolviert (musste wegen den Corona-Vorschriften verfrüht abreisen). Genauer gesagt habe ich bei COD, einer Organisation in Jajce, mitgearbeitet. Jajce ist ein relativ kleines Städtchen mit ca. 30.000 Einwohnern, also das was ich hier berichte ist nur ein winziger Ausschnitt aus der Kultur Bosniens und sollte auf keinen Fall auf die ganze Bevölkerung Bosniens bezogen werden.

Ich bin ein Mensch der sehr gerne andere Menschen in sein Leben eintreten lässt und finde es immer sehr interessant welche Distanz ein Fremder zu mir hat, wenn er mich das erste Mal trifft. Meine erste erstaunliche Erfahrung hatte ich in Jajce, als ich auf einer Mauer saß und Schwierigkeiten mit meinem Handy hatte. Plötzlich hat sich ein Mann neben mich gesetzt und angefangen auf Bosnisch mit mir zu reden. Ich habe nichts davon verstanden und habe nur meine 3 Wörter runter gesprochen: Ne znam Bosanski (Übersetzt: Ich verstehe kein Bosnisch). Daraufhin schaute er mich kurz an und begann dann mit Händen und Füßen und ein paar gebrochenen englischen Wörtern zu fragen warum ich hier sitze und ob ich Hilfe brauche. Am Ende haben wir zusammen ein Kaffee getrunken und er hat mir bei meinem Handy geholfen. Dieses Erlebnis symbolisiert ziemlich gut mein Freiwilliges soziale Jahr in Bosnien. Man kommt als Fremder und kennt nichts von dieser Kultur und die dortigen Menschen nehmen einen auf und auf einmal trinkt man mit ihnen spontan einen Kaffee. Diese Geschichte ist mir nicht nur einmal passiert, sondern noch drei Mal, dass mich jemand Fremdes auf der Straße angesprochen hat und einfach nur fragt ob ich Hilfe brauche oder wie es mir geht.

Diese Menschen die ich dort getroffen habe, empfingen mich mit offenen Armen und es ist wunderbar sich so beherbergt zu fühlen. Nach den ersten Wochen dort, bin ich auch in einen Freundeskreis gekommen. Ich habe Geheimnisse von ihnen erfahren, durfte sie Zuhause besuchen und man hat sich jeden Tag gesehen. Richtige Freunde, obwohl ich ihnen am Anfang komplett fremd war. Mein Basketballklub hat mich schon fast familiär aufgenommen, man hat sich brüderlich geschubst oder einen Klaps gegeben, zusammen duschen und etwas trinken war kein Problem.

Mir ist Körperkontakt und eine enge Bindung sehr wichtig und ich brauche Kontakt um mich wohl zu fühlen. Wahrscheinlich ist das jetzt auch der interessanteste Punkt für kommende Freiwillige die ein Auslandsjahr machen wollen. Inwiefern ist es möglich eine Beziehung anzufangen.

Vorweggenommen: ich war in keiner Beziehung während meines Jahres aber habe durchaus mich ausgelebt. Als erstes eine Beziehung im Gastland erleichtert vieles, man hat jemanden mit dem man über alles reden kann, man lernt die Sprache schneller und fühlt sich nicht einsam. Aber man stoßt auch auf verschiedene Barrieren, Kultur, Religion, Sprache, das Elternhaus, das sind ein paar Punkte die manchmal als Hindernis auftreten können. Auch wenn man selbst die Einstellung hat: „liebe wen du willst“, heißt das nicht das jeder Menschen in diesem Land das gleiche denkt. Ich bin vereinzelt auch auf Menschen gestoßen die nur eine Bindung mit einem/er Partner/in von der gleichen Nationalität eingehen wollten. Man kann diese Erfahrung definitiv nicht auf eine ganze Bevölkerung beziehen, jeder Mensch ist ein Individuum und entscheidet für sich selbst. Es sind allerdings Punkte die man im Hinterkopf behalten sollte, egal in welchem Land man ist. Man stößt immer wieder auf kulturelle Unterschiede. Diese Kultur Vielfalt sollten wir schätzen und uns dafür öffnen neues kennenzulernen.



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