Lydias Frewilligendienst bei Svitac in Brčko

Die letzten drei Monate sind unglaublich schnell vergangen. Jetzt sitze ich hier und muss mir trotzdem überlegen, wie ich die drei Monate in einen Text verpacken soll.

Ich bin am 02.09.2019 von meiner Heimatstadt mit dem Zug nach Karlsruhe losgefahren. Ich weiß noch ganz genau, wie ich ein komisches Gefühl im Bauch hatte. Ein ganzes Jahr in einem komplett neuen Land zu verbringen, mit Leuten, die man kaum kennt, in eine neue Umgebung, eine neue Kultur und Sprache zu lernen.

Von Karlsruhe hieß es dann weiter nach Brčko, 17 Stunden mit dem Bus. Gepäck eingeladen, von der Familie verabschiedet, mich rein gesetzt und dann ging es schon los. Verstanden hab ich den Busfahrer zwar nicht wirklich, was mich auch ein wenig verunsichert hatte - aber ich hatte mich nun mal auf diese Challenge eingelassen. Zum Glück konnten ein paar Mitreisende, die größtenteils alle selber aus dem Balkan kamen auch etwas Deutsch und haben dann für mich die wichtigen Sachen übersetzt. Insgesamt gingen die 17 Stunden auch viel schneller rum, als gedacht. An der Grenze zu Kroatien und Bosnien mussten wir dann aussteigen und unsere Pässe zeigen und irgendwann war ich dann auch in Brčko angelangt, müde, morgens um 6:30 Uhr.

Ich wurde von meiner zukünftigen Mentorin abgeholt und zum Haus gebracht, in dem ich mir erst mal ein Zimmer aussuchen konnte. Ich war die erste der drei internationalen Freiwilligen. Lana, die mit mir ein Jahr hier bleiben wird, kam ein paar Tage später und eine weitere Freiwillige, von einer anderen Organisation, sie bleibt nur für sechs Monate, ist im Oktober angereist. 

Die ersten Tage waren Eingewöhnungszeit. Mir wurde das Jugendzentrum gezeigt, in dem ich von jetzt an arbeiten würde, die Stadt, viele Cafés und einfach die Umgebung. Da wir leider im August keinen Sprachunterricht hatten war die Sache mit der Sprache doch schon sehr schwer für mich. Anfangs konnte ich nur „hallo, Tschüss, ja und nein“ verstehen. Das hat sich dann doch alles über die drei Monate verbessert. Wir haben jeden Montag und Freitag nachmittags und Dienstag morgens ein wenig Sprachunterricht. Unsere Arbeitssprache ist Englisch und das funktioniert auch super. Ein riesen Glück war natürlich auch, dass meine Mentorin perfekt deutsch sprechen kann, was die Lage auch nochmal um einiges erleichtert hat. An meinem zweiten Tag konnte ich auch schon die Kinder kennenlernen. Die Kommunikation basierte also erstmal nur auf Zeichensprache und Hauptsache Lächeln und Nicken. 

Schon jetzt nach drei Monaten habe ich die Kinder alle sehr in mein Herz geschlossen und weiß gar nicht, wie ich das in neun Monaten schaffen soll, wieder zurück nach Deutschland zu gehen. Auch mit meinen Arbeitskolleg*innen und Mitbewohner*innen verstehe ich mich super, was wirklich eine Erleichterung war. Ich arbeite fünf Tage die Woche - Ein normaler Arbeitstag von mir beginnt meistens um 8:30Uhr. Ich stehe auf, mache mich fertig und gehe dann gegen 10/ 10:15Uhr mit meinen Mitfreiwilligen los zur Arbeit. Der Weg zum Jugendzentrum dauert auch nur etwa 5 Minuten. Dort angekommen bereiten wir dann entweder noch den kommenden Workshop für die Kinder vor, wir besprechen das geplante Projekt, trinken Kaffee zusammen oder richten den Raum mit Stühlen und Tischen. 

Morgens von 11 bis 13Uhr haben wir einen Workshop für Kinder im Alter von 4- 7 Jahren. In der 1. Stunde gibt es jeden Tag unterschiedliche Workshops, entweder Arts and Crafts, Musik, Nummern und Zahlen lernen oder Story- telling. Zu dieser Zeit können wir den Kindern am besten helfen, mit Ihnen Gespräche führen und somit auch Neues lernen oder einfach selber mitbasteln und den Kindern so oft eine Inspiration und Idee geben. Davor gibt es eine kleine Begrüßungsrunde, in der die Kinder gefragt werden, wie es ihnen geht, ob sie gut geschlafen haben und dies auch schon in verschiedenen Sprachen. Wenn die erste Stunde circa vollendet ist gehen zwei Mitarbeiter mit den Kindern Hände waschen und auf die Toilette. In der Zeit bereiten die restlichen Mitarbeiter die Stühle und die Snackrunde vor, welche in dem Raum nebenan stattfindet. Nach etwa 20 Minuten, wenn alle fertig getrunken und gegessen haben räumen wir die Stühle wieder zusammen und spielen verschiedene Spiele. Jeden Freitag von 9:30 bis ca. 10:30Uhr wird im „Staff- Meeting“ besprochen, wer in der kommenden Woche welchen Workshop übernehmen möchte, den Raum richtet, Becher wäscht und wie schon erwähnt die Spiele vorbereitet. Unter anderem wird auch noch mit allen Mitarbeitern eine kleine Feedbackrunde gehalten, in der auf eventuelle positive wie auch negative Ereignisse der vergangenen Woche eingegangen wird. Zurück zum Alltag: Um 10 vor 13Uhr werden die Jacken und Bastelarbeiten an die Kinder verteilt und sie werden zu ihren Eltern oder Großeltern gebracht. 

Entweder haben wir danach, also von 13- 14Uhr Deutschunterricht, in welchem wir unsere Mentorin unterstützen und lokalen Schulkindern bei den Hausaufgaben helfen, für eine Klassenarbeit zusammen lernen oder einfache Arbeitsblätter erledigen oder wir haben eine Stunde Pause. Es gibt die Möglichkeit etwas Mitgebrachtes im Jugendzentrum oder im naheliegenden Park zu essen oder in das etwa 5 Minuten entfernte Stadtzentrum zu laufen und sich dort etwas zu kaufen oder sich einfach in ein Café zu setzen. 

Wie bereits erwähnt haben wir nachmittags also entweder Lokal Unterricht oder setzen uns zusammen zum Vorbereiten neuer Projekte, Veranstaltungen für die kommenden Tage oder Wochen, wie zum Beispiel Dekoration für die Halloween Party oder die kommende New Years Party. In dieser Zeit merke ich sehr, dass es die Arbeitsatmosphäre sehr auflockert und uns als Team zusammenschweißt.

Mittwoch und Donnerstag haben wir unsere eigenen Workshops mit Kindern im Alter von 12+. Für diese durften wir uns selber überlegen, was genau wir machen wollen.

Zusätzlich hat jeder internationale Freiwillige jede Woche ein Mentor Meeting je eine halbe Stunde. Mein Mentor Meeting ist jeden Freitag Vormittag. 

Gegen 15:30/ 16Uhr ist unser Arbeitstag im Jugendzentrum vollendet.  

In meiner Freizeit bereite ich entweder irgendetwas für die Arbeit vor, gehe zum Sport, wir trinken einen Kaffee zusammen (es gibt hier wirklich unglaublich viele Cafés), gehe einkaufen, spazieren oder in den Samba Trommelkurs, welchen Svitac anbietet. Auch, wenn es jetzt im Dezember schon sehr runterkühlt, war es die letzten Monate doch noch sehr schönes und angenehmes Wetter. Die Natur hier in Brčko ist wunderschön. Es gibt viele Parks und wie gesagt Cafés in welche man sich setzen kann. Am Wochenende kann man auch gut mal einen Ausflug machen oder feiern gehen in Bars. Das Essen, wie zum Beispiel Pita oder Ćevape ist auch sehr zu empfehlen!

Viele meiner Freunde und Bekannte haben mich gefragt, warum ich denn nach Bosnien und dann Brčko gehen wollte. Ich selber hätte auch nie gedacht, dass ich jemals für ein Jahr nach Bosnien gehen würde. Klar, war ich auch verunsichert, ob es das Richtige für mich ist, aber wie sich jetzt herausstellt, fühle ich mich sehr wohl hier und habe mich sehr schnell eingelebt, was ich auch nie von mir gedacht hätte. Ich habe schon immer gern mit Kindern gearbeitet, also war dieses Projekt mit Svitac schon mal ein Treffer. 

Hinter dieser Arbeit von Svitac steckt aber noch viel mehr, als nur mit Kindern und Jugendlichen zu arbeiten. Nach dem Krieg im Balkan in den 90-ern gab es immer noch viel Streit und Konflikte zwischen den drei Nationen - Kroatien, Bosnien und Serbien. Unsere Arbeit hier soll dazuführen, dass solche Vorurteile gegen andere Nationen und somit Menschen, aus der Welt geschaffen werden und das schon so früh wie möglich, also am besten, wenn sich schon Freundschaften bilden im jungen Alter und es dort keine Rolle spielt aus welchem Land man kommt. Ein großer Bonus bei dieser Sache ist, dass dadurch auch die Eltern oder sogar Großeltern in Kontakt kommen und sich kennenlernen und so merken, dass ein komplett unabhängiges und konfliktfreies Verhältnis entstehen kann.

Zudem kannte ich mich mit dem Balkan kaum aus und wann, wenn nicht jetzt kann ich nochmal eine komplett neue Sprache lernen, (mit der ich in mindestens drei Ländern perfekt auskommen kann), eine neue Kultur, Lebensart und Menschen kennenlernen. Es war von Anfang an für mich eine Challenge, die ich meistern wollte- zum einen natürlich aus meinem Alltag aus Deutschland rauszukommen, gerade, wenn man die Schule beendet hat und das Leben komplett auf den Kopf gestellt wird, man Familie und Freunde in Deutschland zurücklässt und einen neuen Lebensabschnitt startet. Und zum anderen sich einfach darauf einlassen muss, etwas Neues und Unerwartetes zu beginnen, neue Erfahrungen und Freunde zu sammeln und dabei noch bei einem wichtigen Projekt mithelfen und beteiligt sein zu dürfen.

Ich bin sehr gespannt, was die „letzten“ neun Monate noch alles mit sich bringen werden! :)

 

Auf unserer Instagramseite könnt ihr euch HIER ein paar Fotos von Lydias Freiwilligendienst anschauen.

 

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