Bericht von Lydia


Diese drei Monate vergingen gleichzeitig schnell und doch langsam. Vom 4. Bis zum 11. März hatten L und ich noch unser Zwischenseminar in Mali Idos in Serbien. Auch ein Punkt auf meiner Balkan to do- Liste, einmal mindestens nach Serbien zu fahren. Auf dieses Seminar hatten wir uns schon Wochen vorher vorbereitet. Wir haben ein paar Aufgaben und Fragen bekommen, welche wir bis zu Seminarbeginn beantworten sollten. Gesagt- getan. Unsere Reise nach Serbien haben wir selber geplant. Das war auch nochmal spannend und aufregend. Ob wohl alles klappt? Zuerst sind wir mit dem Bus 3-4h nach Novi Sad gefahren, auch eine schöne Stadt. Von dort ging es weiter ca. 1h nach Mali Idos, ein sehr kleines Dörfchen, wie sich dann rausstellte. L und ich haben uns erstmal verlaufen, da es in dem Dorf zweimal ein Grundstück mit dem Namen unserer Unterkunft gab. Wir haben es dann aber doch geschafft und sind gut und ein wenig müde angekommen. Das Grundstück, auf dem wir die nächste Woche verbringen durften, war wirklich schön und gemütlich, eine Art Herberge mit großem Außenbereich. Ein paar Gesichter kannten wir bereits von unseren Vorbereitungsseminaren. Die anderen kamen von verschiedenen Organisationen aus der Balkanregion, alle auch deutsch. Insgesamt waren wir, glaube ich, 13.

Das Seminar war eine schöne und erholsame Zeit, in der wir uns alle besser kennenlernen durften und Kontakte geknüpft haben (auch für eventuelle Reisen 😊 ) aber auch Zeit, in der wir uns nochmal mehr in die Leitthemen vertieft haben, uns nochmal speziell darauf einlassen konnten, was hier gerade mit uns passiert und was unsere Arbeit bedeutet. Auch, wenn ich irgendwann nicht mehr sitzen konnte, aufgrund der langen Inputs, war es eine auch sehr lustige Zeit mit dem Bonus, dass wir unglaublich gutes Essen serviert bekommen haben, welches auch nochmal speziell Balkan orientiert war.


In der Zeit wurde es langsam immer ernster um das Thema Corona Virus. Ende der Woche kam dann auch die Nachricht, dass viele Schulen in Bosnien bereits geschlossen haben- in Brcko, bis zu dem Zeitpunkt aber noch nicht.

L und ich hatten uns vom Mittwoch bis Sonntag noch freigenommen und wollten noch ein bisschen in Serbien rumreisen. Die ersten zwei Tage wollten wir in Subotica (übersetzt Samstagchen) verbringen und die letzten beiden wieder in Novi Sad. Wir hatten uns jeweils ein Apartment gebucht. Subotica ist eine eher kleinere aber wunderschöne Stadt. Nachdem wir angekommen sind, waren wir erstmal etwas essen und dann bummeln und die Stadt anschauen. Ein Besuch dieser Stadt kann ich also auf jeden Fall empfehlen.
Am nächsten Morgen jedoch bekamen wir einen Anruf von unserer Mentorin, dass wir doch lieber sofort zurück nach Bosnien kommen sollen, da die Chance bestünde, dass die Grenzen schließen. Das war definitiv ein Schock und sehr schade, da wir die nächsten Tage schon geplant hatten. Aber sicher ist sicher. Zwei Stunden später standen wir schon am Busbahnhof. Glücklicherweise hat alles geklappt und wir sind gut über die Grenze gekommen. Danach mussten wir aber erstmal in eine provisorische Quarantäne und sollten zunächst lieber nicht das Haus verlassen. Die ganze Zeit über standen wir mit unserer Mentorin in Kontakt. Empfangen wurden wir dann von H (ebenfalls Freiwillige, aber aus einer anderen Organisation) und unseren zwei neuen türkischen Freiwilligen. Wir hatten nämlich jetzt das Projekt laufen, dass jeden Monat zwei neue Freiwillige aus der Türkei in das Haus gegenüber von uns ziehen und uns bei Svitac unterstützn

Keiner von uns ahnte jedoch, dass es drei Tage danach alles vorbei war. Wir hatten bereits von anderen Freiwilligen erfahren, dass diese zurückgeschickt worden sind in ihre Heimatländer. Da alles noch sehr ungenau war und niemand wirklich wusste, was gerade abgeht, mussten wir erstmal abwarten. Am Montag, den 16. März kam dann die entscheidende Nachricht von T, die er an uns weiterleitete mit der dringenden Bitte sofort nach Deutschland zurückzukommen. In dem Moment war alles sehr hektisch aber gleichzeitig ruhig, da ich von meiner Seite es schon geahnt hatte. Trotzdem war es ein Schock, da die Nachricht, die zwar teilweise erwartet war, gleichzeitig so unreal war. Also hieß es: 1. Bus und Flug und Zug buchen, 2. Unterkunft organisieren (da hatten wir Glück, da H Bekannte in Sarajevo hatte) und 3. Koffer packen. Ich muss sagen, ich war teilweise genervt, hatte Angst und Panik, teilweise locker und entspannt und doch wieder gestresst. Ich hatte über die sechs Monate wirklich viel Zeit in mein Zimmer investiertDa war es doch schwer diese sechs Monate in einer Stunde abhängen zu müssen.

Etwas zu der ganzen Fluggeschichte: Das war ein Stress… Es gab nur noch sehr wenig verfügbare Flugmöglichkeiten. Viele wurden gecancelled oder waren schon ausgebucht. Bis eine Stunde vor unserem Abflug war nicht einmal klar, ob wir so schnell noch aus Bosnien ausreisen können. Alle Flüge aus unserer Fluglinie wurden gecancelled, die vor uns und die nach uns. Natürlich war es sehr blöd und traurig so einfach gehen zu müssen- in dem Moment wollte ich aber einfach nur noch nach Hause. Von meinen Freunden, die auch gerade im Ausland waren, hatte ich erfahren, dass diese genauso wieder zurückgeschickt wurden. Ach ja… Den Abschied von L und H hatte ich mir definitiv auch anders vorgestellt. Er war dann eher kurz und schnell, da sich in München unsere Wege trennten, jeder seinen nächsten Flug kriegen musste und auch keiner von uns weinen wollte.

Also kurz zusammengefasst: 4.- 11. März Zwischenseminar in Serbien, am 12. März zurück nach Bosnien geschickt, am 16. März Nachricht, dass wir zurück nach Deutschland müssen, am 17. mit Gepäck und Bus nach Sarajevo und am 18. März Flug nach Deutschland mit Ankunft 12 Stunden später.

Ein richtiger Abschied war es jedoch nicht für mich. Unsere Kollegen haben uns noch mit zur Bushaltestelle begleitet. Ein Drittel meines Gepäckes liegt aber noch in Brcko, heißt ich muss eh nochmal hin und werde alle nochmal sehen, auch wenn es vielleicht nicht mehr Teil meines Freiwilligendienstes sein sollte. Jedenfalls sind wir alle wieder gut in Deutschland angekommen.

Zurück in Deutschland habe ich auch erstmal Zeit gebraucht, die Geschehnisse alle zu verarbeiten, auch wenn es mir selber nicht so vorkam. Währenddessen standen wir weiterhin in Kontakt mit T. Er hat uns immer mal wieder wichtige Informationen weitergeleitet. Zu dem Zeitpunkt war aber vieles noch sehr unklar. Wir stehen aber weiterhin auch noch in Kontakt mit unserer Aufnahmeorganisation, Svitac. Da glücklicherweise der technische Fortschritt schon so weit ist, können wir nun den Kindern kleine Workshops per Internet übermitteln.

Von T haben wir auch das Angebot bekommen ein CAT Training (Civic action and transformation) mit ihm zu machen, in dem es darum ging, wie man sich weiterhin politisch engagieren kann und das vor allem nach der ganzen Corona Krise. Es sind wirklich sehr coole Ergebnisse und Projekte dabei entstanden und auch der nehrliche Austausch, wie es einem einfach gerade in dieser Situation ergeht.

Da die Möglichkeit unseren FWD in Bosnien weiterzuführen sehr gering erscheint, versuchen wir uns hier in Deutschland mit einzubringen und wie gesagt auch mit Svitac.

Es ist sehr schön die Kinder immer mal wieder zu sehen oder die Sprache zuhören. Ich selber bin wieder voll rausgekommen und sollte mich mal wieder an den Schreibtisch setzen und ein bisschen was wiederholen, damit die sechs Monate Sprachkurs nicht völlig umsonst waren! Mir geht es soweit gut hier in Deutschland und bin auch auf der Suche, was ich jetzt noch in der Zeit, aber auch dann ab September machen werde. Wer hätte gedacht, dass ein Jahr doch so schnell vergeht.